Eine Tragödie verlangt das Bewusstsein der Helden, dass die Götter mit ihrem Schicksal spielen, das ans Tageslicht kommende Unheil jedoch nicht verhindern können. Ein Heldensage braucht Kriege und Kämpfe, Gegner, wenn nicht böse Feinde, die gewaltsam zu schlagen sind. Was aus griechischer Sicht wie eine Tragödie anmutet, ähnelt aus der Perspektive Eurolands mehr und mehr einer Heldensage. Denn es zeigt einen der Anfänge eines globalen Währungskrieges zwischen Dollar, Yuan, Yen … und natürlich dem Euro, dem vielversprechenden Neuling im Spiel, der nach nur zehn Jahren fast 35 Prozent der Reservewährungen der Welt ausmacht. Andererseits beobachten wir den Dollar beim tragischen Versuch, seinen dominanten Status zu verteidigen und das britische Pfund bei seinem letzten Kampf ums Überleben. Dazwischen haben wir den Yuan und die Frage, wie und wann sich sein neuer globaler Status etabliert. Ringsherum findet man zahlreiche internationale Medien, die zumeist ihren Dollar-Pfund Herren dienen, Hedge-Fonds und Spekulanten aller Art, die versuchen aus jedem bisschen Chaos kurzfristigen Profit zu schlagen. Nicht zuletzt, im harten Kern des Epos, finden sich Milliarden kleiner Helden, Bürger Europas, Amerikas, Chinas, die herauszufinden versuchen, was mit ihrem Besitz, ihrer ökonomischen Unabhängigkeit, ihrer Zukunft geschieht. Wenn das alles nicht der Stoff für eine großartige Heldensage ist, dann hat unsere Zeit den Sinn für große historische Umbrüche verloren.
Bevor wir auf die Einzelheiten der Geschichte eingehen zweierlei ist sicher:
– Jede Heldensage braucht Helden, sehr oft machen diese sich entlang des Weges selbst dazu, auch wenn sie anfangs, voller Zweifel und Ungewissheit, wie alles andere wirken, nur nicht wie Helden . keine Frage, dass die Führung Eurolands eine Menge Kandidaten dieser Art vorweisen kann;
– das Land, dessen Heldensagen über Jahrhunderte wichtigstes Exportprodukt waren, ist Island! Das ist zweifellos ein gutes Zeichen der Götter!
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Lassen Sie uns den griechischen Fall und seine Folgen auf die Eurozone betrachten. Wenn Frankreichs Wirtschafts- und Finanzministerin Christine Lagarde Deutschlands exportorientierte Wirtschaft anprangert oder Bundeskanzlerin Angela Merkel die Vorstellung äußert, künftig sollte es möglich sein, ein Land vom Euro auszuschließen, zeigen beide, dass sie im Grunde genommen die Funktionsweise der EU nicht verstehen.
Reden um klarzustellen und zu informieren, nicht nur um Lärm machen
Erstens, sind diese Fragen normalerweise die Art von Angelegenheiten, die innerhalb einer Wirtschaftregierung Eurolands bei regelmäßigen Treffen erörtert werden sollten, wie bereits vor fünf Jahren von den Newropeans vorgeschlagen, und nicht erst beim Ausbruch einer Krise. Nicht in einer Zeitung außerhalb Eurolands sondern in dafür vorgesehenen Institutionen. Nicht in einem nationalen Parlament sondern bei einem europäischen Gipfel. Sonst machen diese Beiträge die Debatte nur noch unübersichtlicher und werden damit sofort zu nützlichen Werkzeugen in den Händen von Spekulanten.
Zweitens, beide Frauen (und sie repräsentieren gegenwärtig 99 Prozent der politischen Elite Eurolands) haben schlicht angenommen, dass die Eurozone, wie sie sie zu Anfang des Jahrhunderts übernahmen, perfekt organisiert sei. Falsch! Es ist ein Hauptübel dieser Politikergeneration, dass sie der EU erst dann ihre Aufmerksamkeit schenkt, wenn sie eine nationale politische Position erreicht habt. Dann ist es leider ein bisschen zu spät, um das Wesentliche des Spiels zu begreifen. Das Problem nationaler Politiker wie Merkel und Lagarde ist, dass sie bei der schwierigen Aufgabe, eine Antwort auf die griechische Krise zu finden, lediglich versuchen, ihrer eigenen politischen Klientel zu gefallen und in der Öffentlichkeit Punkte zu sammeln, ohne irgendetwas im Voraus vorbereitet zu haben – auch nicht eine eigene Wirtschaftsregierung Eurolands, die diese Antwort entwerfen könnte.
Daher sollten sich Politiker der Eurozone heute darauf beschränken, das Wort nur noch zur Klarstellung zu ergreifen und sich auf die Information der Bürger Eurolands über den griechischen Fall zu konzentrieren. Das scheint einfach, ist aber offensichtlich schwer zu verwirklichen! Es ist zumindest ein guter Test, der zeigt, wer den Status eines Politikers auf europäischer Ebene wirklich verdient!
Eine langfristige Perspektive anstelle unsinnigem Gerede
Etwas anderes ist allerdings sicher: Beide Frauen benennen tatsächliche Probleme, die zwar nichts mit der Lösung des griechischen Falls, aber viel mit der Perspektive für die Eurozone nach Griechenland zu tun haben. So zeigt es sich, dass führende Politiker der Eurozone bereits jetzt ihre Bauern für “den Tag danach” aufstellen. Zum Beispiel ist die Vorstellung eines Ausschlusses aus der Eurozone über die Ziele eines rein psychologischen Drucks hinaus geradezu lächerlich. Ein mit dieser Situation konfrontiertes Land sähe dem Zerfall seiner Währung und Finanzen zu, während es überall in der EU ein großes politisches Durcheinander verursachte.
Inzwischen markiert die globale Krise das Ende des bisher Normalen, zum Beispiel ein Deutschland, das seine Euroland-Partner nur als Exportmarkt nutzt, oder führende Politiker Eurolands, die vorgeben, immer noch so handeln zu können, als gäbe es den Euro nicht. In beiden Fällen wären die Politikerinnen besser beraten, die Perspektiven für die in den kommenden drei bis fünf Jahren erforderlichen Änderungen in der Steuerung Eurolands festzulegen, anstelle den Eindruck eines Streits über kurzfristige Krisenursachen zu erwecken. Beide hätten auch sinnvollerweise eine ihrer wesentlichen Bestandteile hervorheben können: die Tatsache, dass ein globaler Währungskrieg begonnen hat, wobei Washington und London versuchen, ihre Währungen gegen Neulinge wie Euro und Yuan zu verteidigen.
Und dass in solch einem Währungskrieg der Raum, in dem die Lagebesprechung stattfindet, keine Gegner beherbergen kann, hinterfragt die künftige Rolle einer jeden europäischen Institution, die Länder der Nicht-Eurozone beteiligt, wenn Euroland-Entscheidungen getroffen werden müssen. Insbesondere steht die Position des Vereinigten Königreichs auf dem Spiel, ist es doch für alle offensichtlich, dass das Interesse des britischen Pfunds nahezu entgegengesetzt zu dem des Euro steht.
Nicht zuletzt hätten sie auch erklären können, weshalb Euroland in den kommenden Jahren eine Art Schneller Einsatzkraft für Finanzen schaffen muss, wie zum Beispiel einen Europäischen Währungsfonds, der allein den Interessen der Eurozone verpflichtet ist. Ein Grund ist, dass die Eurozone nicht mehr darauf vertrauen kann, dass der Internationaler Währungsfonds (in Washingtons Händen) ihre eigenen Interessen eher respektiert als jene des Dollars.
Natürlich sind diese Fragen normalerweise die Art von Angelegenheiten, die innerhalb einer Wirtschaftsregierung Eurolands erörtert werden sollten. Dies nicht erst beim Ausbruch einer Krise, sondern eher in regelmäßigem Turnus; auch nicht in britischen oder amerikanischen Medien, sondern eher in der Öffentlichkeit der Eurozone und mit demokratischem Einverständnis der Bürger Eurolands. Wenigstens können wir hoffen, dass die gegenwärtige Situation unsere führenden Politiker an den Ausspruch Gouverner, c’est prévoir (Führen heißt Voraussehen) erinnert. Etwas, das sie offensichtlich vergessen haben.
Alle Möglichkeiten zur Lösung griechischen Krise offenlegen
Insbesondere, weil es keinen Zweifel daran gibt, dass der griechischen Fall gelöst werden wird. Fünfzig Milliarden Euro sind wenig Geld im Vergleich zu dem, was die europäischen Banken im letzten Jahr erhalten haben.
Lassen Sie uns das klar und deutlich sagen: Griechenland ist nicht Lehman Brothers… denn die Krise kam eigentlich nicht unerwartet. Doch Verfahrensmängel bei der Bewältigung einer solchen Krise verwickeln alle in einen Überredungs-Wettkampf. Und die US-UK Finanzmedien pusten ins Feuer so sehr sie können und versuchen, die Menschen davon abzuhalten, auf ihre eigenen, noch gefährlicheren öffentlichen Schulden zu schauen. Die Europäische Kommission zieht den Eingriff des IWF einer eigenständigen Lösung der Eurozone vor, weil zur Kommission auch Großbritannien, Schweden etc. gehören und weil sie als Institution innerhalb einer Europäischen Union, in der die Eurozone offensichtlich der Hauptantrieb ist, jedes Jahr mehr an Boden verliert.
Aber in jedem Fall wird am Ende eine Lösungsstrategie der EZB stehen. Zwar kann sie nicht direkt eingreifen, aber sie ist der mächtigste Akteur im Spiel und hat die am besten vorbereiteten Teams. Es ist die einzige Institution, die bereits seit mehr als zwei Jahren im Krisenmodus arbeitet. Die Lösung wird in der Fortsetzung von Aufkäufen einiger griechischer Wertpapiere durch die EZB liegen, im Ankauf einiger griechischer Schulden durch große Banken anderer Länder und in einer Mischung aus EU-Strukturfonds und europäischen Investitionsgeldern.
Möglicherweise wird die schlechte Lösung, Geld des IWF (das auch Geld der Eurozone ist) einzubringen, binnen kurzer Frist zurückgenommen. Eine schlechte Lösung ist es, weil dies den USA und Großbritannien Einfluss auf die Steuerung der Eurozone gäbe, was eindeutig einer der Gründe ist, weshalb sie vor einigen Monaten, zu Beginn der Griechenlandkrise, Angriffe auf den Euro starteten. Mittelfristig, von heute aus gesehen bald, wird diese Situation den Willen der Europäer befeuern, einen eigenen, von IWF und USA unabhängigen Europäischen Währungsfond zu gründen, so wie es die Asiaten übrigens schon getan haben.
Die griechischen Bürgerinnen und Bürger werden noch ziemlich viel erdulden müssen, um 40 Jahre unverantwortlichen Managements ihres Landes zu überwinden. Aber sowohl die griechischen Behörden als auch die griechische Bevölkerung beweisen, dass sie erforderlichen Anstrengungen ernst nehmen. Entgegen der meisten Medienberichte demonstrierte die griechische Bevölkerung nicht besonders gegen die Sparmaßnahmen: bei der größten Demonstration in Athen waren 70.000 Teilnehmer. 2003 demonstrierten 150.000 gegen die Irak-Invasion!
Aus der griechischen Krise lernen, um die Führung der Eurozone zu verbessern
Lassen Sie uns die griechische Krise auf die bestmögliche europäische Art nutzen und dabei helfen, die griechische Politik zu modernisieren, indem sie aus dem Feudalismus herausgeführt wird. Das ist die große Erwartung griechischer Staatsbürger an Europa.
Wenn wir das tun und Griechenland partnerschaftlich bei seiner politischen und ökonomisch-strukturellen Weiterentwicklung helfen (und ohne Bashing mit nur kurzfristigen Interessen) nutzen wir die griechische Krise und helfen Euroland eine reife Währungs- und Wirtschaftseinheit zu werden, indem wir ihrer Steuerung einen Mechanismus des Krisenmanagements hinzufügen. Das ist notwendig, weil führende Politiker sich ein Jahrzehnt lang in der Ablehnung und Verweigerung notwendiger Reformen einig waren.
Also müssen die Deutschen und die Niederländer ihre Haushaltsdisziplin (die nicht angeboren ist sondern erlernt ) dazu nutzen, der Eurozone dabei zu helfen, ihre eigene zu formen. Die Mittelmeerländer und Irland werden sich an die neue Welt gewöhnen müssen, in der der Euro den Fortbestand schlechter Gewohnheiten aus der Vergangenheit verhindert und in der die globale Krise dem Wachstum auf Pump ein Ende macht. Die Franzosen müssen zeigen, dass sie noch die Fähigkeit besitzen, die Kluft zwischen Nord- und Südeuropa zu überbrücken (was Glaubwürdigkeit nach beiden Seiten erfordert). Und alle Seiten werden die Belastungen für Ihre Haushalte gegen die riesigen ökonomischen Vorteile abwägen, die eine voll funktionsfähige Eurozone mit sich bringt. Schließlich gründet die gegenwärtige Krise um den griechischen Fall mehr im Mangel an Führung und Voraussicht (Antizipation) innerhalb der Führung der Eurozone als in irgendetwas anderem. Das nutzen diejenigen Kräften aus, die jede Währung angreifen, die die Dominanz des Dollars bedroht.
Der Mangel an vorausschauendem Handeln ist offensichtlich, wenn man sich den Vertrag von Lissabon ansieht, der in der gegenwärtigen Situation keine Hilfe ist. Wie die Newropeans wiederholt feststellten, entstand dieser Vertrag durch den Blick in die Zukunft per Rückspiegel. Jetzt haben wir den Beweis. Und Angela Merkel, die als erste bereit war, diesen Vertrag sogar gegen den Willen der europäischen Bürger in Kraft treten zu lassen (diese wurden nicht danach gefragt), bittet jetzt um einige Maßnahmen, die der Vertrag nicht vorsieht. Nun, wir wollen hoffen, dass Frau Merkel das nächste Mal den Mehrwert ernsthafter öffentlicher Debatten in Fragen zur Zukunft der Eurozone, die ab sofort das Zugpferd jeder europäischen Entwicklung ist, nicht so leicht abtun wird.
Sobald sich in kommenden Wochen der Staub über den griechischen Fall legt, bleiben zwei entscheidende Wahrheiten über unsere Welt in der Krise übrig:
. die erste Wahrheit ist, dass Länder, die im Wesentlichen von Schulden lebten, eines nach dem anderen gezwungen werden, durch eine sehr kritische Situation zu gehen, weil die weltweite Krise ihr Wirtschaftsmodell beendet hat. Großbritannien und die USA sind die nächsten Großen auf dieser Liste.
. die zweite ist, dass die Führung der Eurozone sich ab sofort schnell bewegen muss, um die erforderlichen Strukturen zum Management der Eurozone, die ein demokratisches Verfahren einschließen, zu schaffen. Denn die griechische Krise hat der Eurozone eine sehr hohe Aufmerksamkeit ihrer 300 Millionen Bürger beschert. Jetzt sind wir 300 Millionen Euro-Bürger, die der Unfähigkeit unserer führenden Politiker leid sind, das Offensichtliche zu erkennen: dass eines Tages solch ein Fall auftreten wird. Früher, als sich mancher vorstellen kann, werden Bürger der Eurozone nach deren demokratischer Führung rufen.
Lassen Sie uns sehen, wer richtig schätzt, wann dieser Tag kommt.
, Franck Biancheri, Präsident der Newropeans, Direktor LEAP/E2020
Marianne Ranke-Cormier, Chefredakteurin des Newropeans-Magazine
Margit Reiser-Schober, Generalsekretärin der Newropeans
Veronique Swinkels, Vizepräsidentin der Newropeans
Let’s transform the Greek tragedy into the first Eurozone epic!